Home » Themen » Gut aufgeklärt » Sexuelle Lerngeschichte
Sexualität und Lerngeschichte
Wieso wir erleben, was wir erleben
Hast Du schon einmal darüber nachgedacht, was Sexualität für Dich bedeutet? Was hast Du darüber gelernt? Jeder von uns gäbe auf diese Frage ganz unterschiedliche Antworten. Denn wir alle haben unsere individuelle Prägung und damit auch eine einzigartige sexuelle Lerngeschichte: Alles was wir in Sachen Sexualität lernen, speichern wir ab: Sachinformationen, Bilder, schöne / unschöne Erfahrungen, Sexual-Aufklärung, Freundschaften, Körpererfahrungen, Schmetterlinge im Bauch, Bücherfunde, Internetseiten, Chaterlebnisse, schlechte Gefühle, Beobachtungen, Filme u.v.m.: Mit der Zeit legen wir alle uns bewusst und unbewusst eine ganz schön große Sammlung zu, und das unabhängig davon, ob wir Sex aktiv leben oder nicht! Die wiederum prägt unser Verständnis von Sexualität.
Diese Datensammlung kann man sich als eine Art Webteppich vorstellen, der lebenslang gewebt wird, und sehr unterschiedliche, ganz persönliche Muster hast. Im Unterschied zu einer Computerfestplatte kann man nicht eines Tages mal drüber schauen und sagen, bestimmte Inhalte will ich nicht mehr haben, die markiere ich jetzt und lösche sie einfach. Wir sprechen ja von Lernprozessen in unserem Gehirn. Vieles hat sich tief eingeprägt und gehört nun erst mal zu Deiner sexuellen Lerngeschichte dazu. Neue Fäden aber können wir immer einweben, manchmal auch alte Fäden auslaufen lassen. Unsere sexuelle Lerngeschichte ist lebenslang in Entwicklung. Unabhängig davon, wo jeder einzelne steht: Wichtig für uns alle ist, dass wir lernen, gut und verantwortungsvoll mit unserer Sexualität umzugehen. Sex ist etwas sehr Intimes. Nirgendwo kommt man einem anderen Menschen derart nahe.
Sex ist etwas ganz Persönliches, was weit über die Ebene einer Körpererfahrung hinaus geht. Und gleichzeitig verkauft sich Sex gut – Sex sells – degradiert Sexualität zur Werbe-Ware. Wird Sexualität zum Ego-Shooter, jemand benutzt Menschen für seinen eigenen Kick, und lässt sie dann fallen, wie eine heiße Kartoffel, kann das den anderen sehr verletzten.
Eine Zeitlang habe ich ziemlich intensiv Selbstbefriedigung gemacht. Ich war einsam und unglücklich, SB hat mir geholfen, mich besser zu fühlen und abzulenken. Doch es wurde auch zu einer Gewohnheit, die ich nur schwer wieder loslassen konnte. Ich war froh, als es mir dann doch gelungen ist, weil ich mich mehr so gefühlt habe, dass die SB mich bestimmt und nicht ich sie. Manche Fantasien von damals machen mir immer noch ab und an zu schaffen. Inzwischen bin ich verheiratet und lebe Sexualität mit meiner Frau. Manchmal, wenn wir Stress miteinander haben, habe ich den Impuls, doch wieder auf SB umzusteigen, doch dahin will ich nicht zurück.
Ralf, 42
Selbstbefriedigung
Worum geht’s? Unter Selbstbefriedigung versteht man das Reizen der eigenen Geschlechtsorgane, um zum Höhepunkt zu kommen. Manche nennen es auch Selbst- oder Solo-Sex. Ob Selbstbefriedigung ok ist, darüber ist früher viel diskutiert worden. Gesellschaftlich wurde Selbstbefriedigung über lange Zeit kritisch gesehen. In der Vergangenheit hat man sogar mit abstrusen Warnungen versucht, Jugendliche und auch Erwachsene davon abzuhalten: Es wurde gesagt, Selbstbefriedigung würde Krankheiten hervorrufen wie Tuberkulose, Gehirnerweichung u.v.m. All dies ist Blödsinn!
Fakt ist, Selbstbefriedigung ist eine Möglichkeit, Sexualität zu leben. Sie ist– wie der Name schon sagt – meist auf das Ich angelegt. Gelegentlich wird Selbstbefriedigung auch in partnerschaftlichen Sex integriert. Es ist normal, dass Kinder und Jugendliche ihre Geschlechtsorgane, die ja zu ihrem Körper von Anfang an dazu gehören und auch schon fühlen können, entdecken. Gleichzeitig ist es kein MUSS-Repertoire der Kindheits- und Pubertätsentwicklung, kein notwendiger Entwicklungsschritt, ohne den man etwas verpassen würde. Sich selbst zu befriedigen kann ein Schritt sein, den eigenen Körper kennen zu lernen. Und damit trägt Selbstbefriedigung auch zur individuellen sexuellen Lerngeschichte eines Menschen bei.
Manche Menschen erleben aber mit Blick auf Selbstbefriedigung eine starke Dynamik, dass es sie zu sehr häufigen Wiederholungen drängt, sie das Gefühl haben, nicht mehr davon lassen zu können. Womöglich, weil Selbstbefriedigung noch andere Funktionen übernommen hat, zum Beispiel, sie bei Stress zu entspannen, zu trösten, wenn sie sich einsam oder frustriert fühlen. Bei manchen Menschen kommt es zur sexuellen Sucht, häufig in Kombination mit Pornografiekonsum. Achtung – Sucht“diagnosen“ sollten keine Laien stellen, sondern Fachleute. Auch wenn man selbst den Eindruck hat, dass etwas sehr bestimmend im Leben ist, hängt das ja von der eigenen Wahrnehmung ab und von Fachkriterien, wo tatsächlich Abhängigkeiten beginnen. Mehr dazu, insbesondere auch zum Ausstieg aus sexuellen Abhängigkeiten, auf unserer Themenseite „Internet-Sexsucht“.
Viele Menschen denken, Selbstbefriedigung käme nur vor, wenn man allein ist und man bräuchte das nicht mehr, wenn man einen Partner gefunden hat. Doch wenn SB Teil der Lerngeschichte geworden ist, kann sie auch in Partnerschaften eine Rolle für den Einzelnen oder beide spielen. Etwa bei unterschiedlich hohem Verlangen, Frust in der Paarbeziehung, unerfüllten sexuellen Wünschen, wenn SB andere Funktionen wie Entspannung/Tröster etc. übernommen hat und zum Beispiel zum Abbau von Spannungen genutzt wird. Problematisch wird es dann, wenn man sich nicht mehr mit der Beziehung zum Partner beschäftigt und dieser quasi „leer ausgeht“, womöglich als zu kompliziert abgestempelt wird, und man es sich dann„einfach lieber selbst macht“.
Liebe braucht Verbündete
Sie finden eine an christlichen Werten orientierte Beratung wichtig? Unsere Arbeit wird fast vollständig von Spenderinnen und Spendern getragen. Fördern auch Sie das Weiße Kreuz. Unterstützen Sie uns dabei, Menschen in den intimsten Fragen des Lebens zu begleiten.
Bleiben Sie an uns dran!
Sie möchten ab und zu einen Blick hinter die Kulissen werfen? Erfahren, was uns gerade bewegt? Dann abonnieren Sie unseren Newsletter. Wir berichten regelmäßig von Highlights unserer Arbeit und informieren Sie über interessante Veranstaltungen.