Gibt es bevorzugte Opfer?

Obwohl jedes Kind ein Opfer sexualisierter Gewalt werden kann, gibt es statistische Häufungen bei Kindern mit bestimmten Merkmalen. So ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mädchen Opfer wird, erheblich höher als bei Jungen (76 % vs. 24 %). Ungefähr jedes vierte Mädchen und jeder zwölfte Junge wird bis zu seinem 18. Lebensjahr mindestens einmal Opfer sexueller Gewalt1.

Manche Erziehungsaspekte können dazu beitragen, dass Kinder leichter zu Opfern werden. Dies darf nicht den Eindruck erwecken, solche Kinder oder deren Eltern seien (mit)schuldig am Missbrauch. Die Schuld für die Tat trägt allein der Täter. Doch kann es hilfreich sein, einige Hinweise präventiv zu beachten.

Erlebte Gewalt

Kinder und Jugendliche, die bereits körperliche und seelische Gewalt oder Verwahrlosung erlebt haben, geraten leichter ins Visier potentieller Täter. Ihr Bedürfnis nach Nähe, Zärtlichkeit und Annahme ist besonders groß. Gleichzeitig haben sie nur unzureichend lernen können, ihre Grenzen wahrzunehmen und für sich selbst einzustehen. Jungen und Mädchen mit einem geringen Selbstwertempfinden, aber auch Außenseiter, die wenig Anerkennung von ihrem Umfeld erhalten, sind besonders gefährdet, weil das vermeintliche Interesse des Täters für sie verlockend sein kann.

Autoritäres Familienklima

Wenn die Erziehung darauf beruht, Erwachsenen bedingungslos zu gehorchen und ihre Motive nicht hinterfragen zu dürfen, fällt es Kindern schwer, trotz eigener negativer Gefühle einem Erwachsenen zu widersprechen. Die antrainierte selbstverständliche Unterordnung kann dann auch von herrisch auftretenden, keinen Widerspruch duldenden Tätern ausgenutzt werden. Aber auch Täter, die Wärme und Mitfühlen ausstrahlen, können besonders bei Mädchen, die zur Unterordnung angehalten werden, oder bei Jungen, von denen stets Leistung und Stärke erwartet wird, schnellen Erfolg haben.

Sexualität als Tabuthema

Es kann sein, dass Erwachsene selbst nicht über Sexualität reden wollen oder der Meinung sind, das Thema müsse generell von Kindern ferngehalten werden. Es gibt aber in jedem Lebensalter Fragen, die mit Sexualität zusammenhängen. Wenn Kinder bei ihren Eltern keine Antworten finden, suchen sie diese bei anderen. Oft sind diese Antworten der sexuellen Entwicklung nicht förderlich. Kinder und Jugendliche aus einem Umfeld, in dem nicht über Sexualität gesprochen oder Sexualität negativ besetzt ist, sind besonders gefährdet, Tätern zu vertrauen, die sie in diesem Bereich plötzlich ernst nehmen. Nach einem Missbrauch können sie darüber besonders schwer sprechen, weil das Thema Sexualität an sich schon peinlich und unangenehm für sie ist. Daher ist eine fundierte, frühzeitige und altersgemäße Sexualaufklärung sehr wichtig.

Behinderungen

Verschiedene Untersuchungen belegen, dass Kinder und Jugendliche mit körperlichen, geistigen und seelischen Beeinträchtigungen ein deutlich erhöhtes Risiko haben, sexuell missbraucht zu werden. Sie können sich schlechter zur Wehr setzen, sich weniger gut ausdrücken und sind oftmals vertrauensseliger. Täter schätzen die Gefahr geringer ein, entdeckt zu werden

1 - Zahlen nach Brinkmann, Elfi; Hoffmann, Sandy: Handbuch sexuelle Gewalt, Moers 2003. Aktuelle Zahlen finden sich z. B. in verschiedenen Arbeitsberichten auf www.beauftragter-missbrauch.de/presse-service/hintergrundmaterialien – Zugriff am 09.10.2018

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