Symptome

Woran man eine Internet-Sexsucht erkennt

Süchtige beschreiben übereinstimmend ein unüberwindbares Verlangen, Internetseiten mit Sexinhalten zu besuchen. Um dem nachzugehen, ziehen sie sich oft aus dem realen Leben zurück, meiden Treffen mit Freunden oder Feiern, um online zu sein. Viele Internet-Sexsüchtige nehmen auch ihren Laptop mit in den Urlaub. Langfristig lässt auch die Arbeitsfähigkeit nach, weil man nachts zu lange im Internet surft. Auch das Liebesspiel verliert oft auf Dauer an Vielfalt.

Bei einer sexuellen Begegnung im echten Leben werden viele Reize wahrgenommen: Bewegungen, Berührungen, Mimik, Atmung, Geruch. Beim Internetsex beschränken sich die Reize im Wesentlichen auf Genitalien, Brüste und manchmal Accessoires. Das hat langfristig Auswirkungen auf das Empfinden sexueller Reize im wahren Leben: Die kleinen erotischen Zwischentöne werden nicht mehr wahrgenommen. Woran erkennt man eine Sucht?

Es gibt verschiedene Kennzeichen einer Sucht, die man auch auf die Nutzung von Online-Sexangeboten beziehen kann. Manche unserer Seelsorger bestimmen anhand von sechs Kategorien, ob eine Sucht vorliegt. Sind von diesen Kategorien mindestens vier über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten gegeben, kann man mit ziemlicher Sicherheit von einer Abhängigkeit sprechen (1). Folgende Tabelle gibt einen ersten Überblick über diese sechs Kategorien und die sie jeweils bestimmenden Kriterien. (Sind mehrere Kriterien als Kennzeichen der Kategorien angegeben, genügt ein Kriterium, um eine Kategorie zu erreichen. Einen Test-Fragebogen können Sie hier herunterladen.)

 

Bin ich internet-sexsüchtig?

Man kann sich an das Thema auch mit einfacheren Fragen herantasten. Dazu zählt man, wie oft auf die folgenden Fragen mit „Ja“ geantwortet wird.

1. Das Internet beschäftigt mich sehr häufig. Ich denke oft daran, auch wenn ich offline bin.
2. Ich brauche immer mehr Zeit im Internet, um zufrieden zu sein.
3. Ich bin unfähig, meinen Internetgebrauch zu kontrollieren.
4. Ich werde unruhig und reizbar, wenn ich versuche, meinen Internetkonsum einzuschränken oder darauf zu verzichten.
5. Das Internet ist für mich ein Weg, um vor Problemen zu fliehen oder schlechtes Befinden zu bessern.
6. Ich lüge meiner Familie und Freunden gegenüber, um das Ausmaß meiner Beschäftigung mit dem Internet zu verbergen.
7. Ich habe schon Arbeit, Ausbildungs- oder Karrieremöglichkeiten oder zwischenmenschliche Beziehungen wegen des Internets in Gefahr gebracht.
8. Ich ging ins Netz zurück oder würde ins Netz gehen, auch wenn ich exzessive Beträge für Gebühren zahlen musste.
9. Ich bekomme im Offline-Zustand Entzugserscheinungen.
10. Ich bleibe immer wieder länger online, als ich mir vorgenommen habe.

Auswertung:
Gefährdungsstadium: Vorliegen von bis zu drei Kriterien von bis zu sechs Monaten.
Kritisches Stadium: Vorliegen von mindestens vier Kriterien bis zu sechs Monaten.
Chronisches Stadium: Vorliegen von vier Kriterien über sechs Monate

 

Weder süchtig noch frei?

Oft wird das Thema ausschließlich auf den Bereich der Sucht reduziert. Dabei wird übersehen: Viele Menschen leiden unter ihren Nutzungsgewohnheiten, sind aber nicht süchtig. Auch sie suchen Hilfe, wie sie zu einem verantwortlicheren Umgang mit ihrer Sexualität finden.

Da gibt es Menschen, die spezielle Vorlieben haben. Zugleich können sie diese Vorlieben nicht in Einklang bringen mit ihren eigenen ethischen Überzeugungen oder ihre Partner können diesen Wünschen nichts abgewinnen. Das Internet bietet hier eine stets offene Tür, genau diese Neigung auszuleben. Meistens führt das aber nicht zu einer Befriedigung. Stattdessen wird ein Begehren geweckt und aufrechterhalten, dessen Folge fast immer Frustration, Unzufriedenheit oder Gewissensnot ist.

Andere wieder erleben sich quartalsweise als Pornokonsument. Plötzlich überfallen sie alte Gewohnheiten. Was sie suchen, ist Stabilität und gute Lebensstrukturen, manchmal auch ein Erkennen der eigenen Gefährdungszusammenhänge.

Und viele Menschen haben sich entschieden, ihrem Partner das Monopol über sexuelle Aktivität einzuräumen oder bis zur Ehe ganz auf Sexualität zu verzichten. Sie wünschen sich eine grundsätzliche Abwesenheit von Masturbation, außerehelichen sexuellen Phantasien oder der Nutzung von Erotika in ihrem Leben. Dieser Entscheidung zum Trotz landen sie immer wieder in Formen von Sexualität, die sie mit ihrem Partnerschaftskonzept und Gewissen nicht in Einklang bringen können.

Nachts, wenn die Familie schläft, bleibe ich absichtlich länger wach. Dann dreht es sich endlich mal nur um mich. Das Traurige ist: Ich freue mich schon den ganzen Tag auf diese Zeit. Wegen des Schlafmangels bin ich aber müde auf Arbeit, kriege mehr Stress und brauche dann umso mehr das Netz, um abzuschalten. Ein Teufelskreis.

Ralf, 42

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